|
Allgemeine Geschichte |
Zur Geschichte des
„Aachener Reiches“
(Zur Karte von 1789)
Nach der römischen
Besiedlung finden sich fränkische Spuren im 7. Jhd. nach Chr.
Verlassene römisch-gallische Besitzungen gelangen in den Besitz der
Krone. Dazu gehören in und um Aachen neben dem Bäderbezirk die Höfe
Laurensberg, Richterich, Seffent, Süstern und Würselen (Wormsalt).
Ob bereits in merowingischer Zeit im Aachener Talkessel ein Königshof
oder eine Pfalz bestand, ist ungewiß. Die erste schriftliche Überlieferung
berichtet lediglich davon, daß der Karolinger Pippin der Jüngere,
Vater Karls des Großen, 765 in Aachen das Weihnachtsfest feierte.
Unter Karl dem
Großen wird Aachen zur „Hauptstadt“ seines Reiches; das bis
dahin vorherrschende Reisekönigtum wird zugunsten einer festen
Residenz mehr und mehr aufgegeben. Unter seinem Sohn Ludwig dem
Frommen blieb Aachen Sitz des Reiches, seine Bedeutung nahm
allerdings ab. Im Zuge der Reichsteilung fiel Aachen 843 an das
Zwischenreich Lotharingen, nach dessen Teilung an das Ostreich, dem
es seit 925 angehörte. Fast alle deutschen Monarchen des
Mittelalters ließen sich dort zum König krönen. Die reichsrechtliche
Stellung Aachens als Krönungsort war unbestritten. Erst zu Beginn
der Neuzeit löste Frankfurt am Main Aachen ab.
Um 1166
bekam Aachen im Zuge der Heiligsprechung Karls des Großen durch
Friedrich Barbarossa die Stadtrechte verliehen. Nach dem Privileg für
„das Haupt und den Sitz des deutschen Reiches“ wurden alle
Bewohner Aachens frei. Aachener Kaufleuten wurden u.a. zusätzlich
die Zollfreiheit zugestanden. Zu der Stadtgemeinde gehörte auch das
innerhalb der Bannmeile gelegene Gebiet. Im Jahr 1336 bestätigte
Kaiser Ludwig der Bayer der Stadt dieses Territorium, für das sich
die Bezeichnung „Aachener Reich“ durchsetzte.
Die einzelnen
Gehöfte, Mühlen, Weiler und Dörfer bildeten die sechs Quartiere (Laurens)berg,
Orsbach, Vaals, Haaren, Weiden
und Würselen. Ursprünglich bildeten
neben Aachen nur Laurensberg und Würselen eigene Kirchspiele.
Haaren, Weiden und Würselen nahmen als „Quartiere over Worm“
eine Sonderstellung ein, da sie jenseits des Flusses Wurm lagen,
unmittelbar zum Köln und nicht wie Aachen zu Lüttich gehörten.
In der ersten
Hälfte des 15. Jahrhunderts sicherte die Stadt das Territorium mit
dem 70 Kilometer langen Landgraben, der aus einem 4 Meter hohen
Mittelwall und zwei kleineren etwas 1,20 Meter hohen Nebenwällen
bestand, die durch 3 bis 4 Meter tiefe Gräben voneinander getrennt
waren. Der Hauptwall dieser etwas 20 Meter breiten Anlage wurde mit
einer Hecke aus Buchen und Eichen bepflanzt, die durch Beschneidung
undurchdringlich verfilzte. Nur wenige Straßen führten durch diese
„lebende Mauer“. Die meisten Gebiete des Aachener Reiches und
zum Teil auch darüber hinaus wurden im Laufe der Zeit eingemeindet.
Im 20. Jahrhundert blieb nur Würselen mit (Broich)weiden selbständig.
Durch die
Verehrung der Gottesmutter Maria – der Dom war ihr geweiht -, den
Karlskult, den Königskrönungen und besonders durch die
Heiligtumsfahrten zählte Aachen im Mittelalter zu den meist
besuchten Stätten des christlichen Abendlandes. Dies förderte
wiederum Handel und Gewerbe. Im In- und Ausland wurden der Stadt
vielerorts Zollbefreiungen und -ermäßigungen gewährt.
Im Laufe der
Jahrhunderte bestimmten vor allem die Auseinandersetzungen mit dem
Herzogtum Jülich die Geschichte des „Reiches“. Früher als in
anderen Reichsstädten setzte zu Beginn der Neuzeit in Aachen, hauptsächlich
infolge der konfessionellen Auseinandersetzungen, der
wirtschaftliche und damit verbunden politische Niedergang ein. In
Aachen kamen nicht von innen, sondern von außen die verschiedensten
Richtungen der neuen Lehre. Zahlreiche Religionsflüchtlinge (1544
flämische Tuchwirker, 1554 wallonische Kupferschläger) aus den
Niederlanden fanden zuerst Aufnahme. Dies führte zu Spannungen,
1581 zum Aufstand der evangelischen Bürger. Ein Teil der Katholiken
floh, Aachen wurde von Evangelischen regiert. Doch die
Gegenreformation setzt sich durch. Im Jahr 1611 kam es erneut zur
Revolte der Evangelischen, sie wurde niedergeschlagen, die
Protestanten flohen aus Aachen und ließen sich in den benachbarten
Gebieten wie Eschweiler, Monschau, Stolberg nieder. Härter als der
Dreißigjährige Krieg, von dem die Stadt nur mittelbar berührt
wurde, traf sie der große Brand des Jahres 1656. Fast das gesamte
mittelalterliche gotische Aachen fiel ihm zum Opfer. Durch großzügige
Hilfe sogar aus Italien entstand die Stadt neu. „Was das Feuer
zerstörte, muß das Wasser wieder aufbauen“. Aachen entwickelte
sich zum Modebad des Adels. 1792 besetzten französische Truppen
Aachen und bereiteten der 600 Jahre währenden alten reichsstädtischen
Herrlichkeit eine Ende. 20 Jahre sollte Aachen französisch sein.
Vieles Innere und Äußerliche wurde in dieser Zeit erneuert. 1815 fiel Aachen an Preußen. In Aachen und Umgebung faßte die von
England über Lüttich kommende Industrialisierung erstmals auf
deutschem Boden Fuß und erreichte hier auf der Grundlage der
einheimischen Steinkohle ihre erste große Blüte.
|
Kaiser
und Könige von 918-1273 im
Heiligen Römischen Reich
Kaiser des Heiligen
Römischen Reiches
Sächsisches Haus/ Ottonen
Otto der Große
Otto II (Mitkaiser
967-973)
Otto III
Heinrich II, der Heilige
Salisch-Fränkisches
Haus
Konrad II
Heinrich III
Heinrich IV
Heinrich V
Lothar der Sachse
Hohenstaufen
Friedrich I, Barbarossa
Heinrich VI
Otto IV von Braunschweig
(Welfe)
Friedrich II, Stupor Mundi
Interregnum
Verschiedene Häuser
(Luxemburg, Bayern,
Habsburg ab 1437 endgültig bis 1806)
|
962-973
967-983
996-1002
1014-1024
1027-1039
1046-1056
1084-1106
1111-1125
1133-1137
1155-1190
1191-1197
1209-1214
1220-1250
|
|
Römischer König
in "Deutschland"
Sächsisches
Haus/Ottonen
Heinrich I, der Vogeler
Otto der Große
Otto II
Otto III
Heinrich II, der Heilige
Salisch-Fränkisches
Haus
Konrad II
Heinrich III
Heinrich IV
Heinrich V
Lothar der Sachse
Hohenstaufen
Konrad III (Gegenkönig
seit
1127)
Friedrich I, Barbarossa
Heinrich VI
Philipp von Schwaben
Otto IV von Braunschweig
(Welfe, Gegenkönig)
Friedrich II, Stupor Mundi
Heinrich
VII
Interregnum
Wilhelm von Holland
Konrad IV, Staufer
Richard von Cornwall
Verschiedene Häuser
(Habsburg, Nassau,
Luxemburg, Bayern)
|
918-936
936-973
961-983
983-1002
1002-1024
1024-1039
1028-1056
1056-1106
1098-1125
1125-1137
1138-1152
1152-1190
1169-1197
1198-1208
1198-1214
1196/1212-1250
1220-1235
1247-1256
1237/1250-1254
1257-1273
|
|
|
Zur Geschichte
der Stadt Würselen
Die Geschichte der heutigen Stadt Würselen (Würselen-Mitte,
Bardenberg, Broichweiden) in Mittelalter und Neuzeit ist eng
verbunden mit der benachbarten Reichsstadt Aachen. Als Teil des
Aachener Reiches bzw. der Grafschaft Jülich war die Beziehung
sowohl von Gemeinsamkeiten , aber auch von vielerlei Gegensätzen
und Rivalitäten gekennzeichnet.
Würselen wird erstmals 870 erwähnt,
der König des Ostreiches Ludwig der Deutsche überträgt u.a. die
Kirche von „Uuormsalt“ an den Abt von Prüm. Würselen war also
Reichsgut mit einer Ausdehnung, die die späteren Ortschaften
Morsbach im Norden, Haaren im Süden und Weiden im Osten einschloß.
Bardenberg wird bereits 867, Weiden wird zum
ersten Mal um 1310 schriftlich erwähnt. Bardenberg und
Broich kommen im 13. Jhd. aus erzstiftisch-kölnischem Besitz an die
Grafschaft Jülich. Weiden gehört zu Würselener Reichsgutkomplex.
Es entstand an der spätmittelalterlichen Hauptstraße von Aachen
nach Köln auf der Grenze zwischen dem Territorium des Aachener
Reiches und der Grafschaft/Herzogtum Jülich.
Das Reichsgut in Würselen diente der
Versorgung der Aachener Pfalz. Es war der Pfalz direkt unterstellt,
die hier ansässigen Bauern bewirtschafteten die königlichen Ländereien
gegen Abgaben. Sie mußten aber keine Frondienst leisten, wie es auf
Nebenhöfen mit einem Meier als königlichem Beamten sonst üblich
war. Diese Abwesenheit wiederum führte zu einer besonders selbständigen
Entwicklung des Gemeinwesens. Es existierte eine relativ
einheitliche Schicht von freien Reichsbauern. Aus dem hohen
Mittelalter und der ersten Hälfte des Spätmittelalters gibt es
wenig Quellen, da das Reich hier der einzige große Grundbesitzer
war. Die geistlichen und adligen Grundherren waren aber in jener
Zeit die Produzenten schriftlicher Quellen.
1214 schlägt Kaiser Friedrich II seine Zelte
hier auf, da im Thronstreit zwischen Welfen und Staufern Aachen auf
Seite des Welfen Otto IV stand. Erst 1215 öffnet Aachen seine Tore
und Friedrich konnte sich mit den echten Reichsinsignien am
richtigen Ort nochmals krönen lassen. Durch eine Urkunde aus dem
Jahr 1270 wird die enge Beziehung der Reichsdörfer und insbesondere
der drei „Quartiere over Worm“ (Würselen, Weiden, Haaren) zur
Stadt Aachen, aber auch deren Rivalität zueinander deutlich. Zum
Aachener Reich gehörte auch der Reichs- und Atscher Wald, an dem
die Stadt, aber auch die Dörfer eigene Nutzungsrechte hatten. Die
Stadt Aachen versuchte die Rechte der Dörfer zurückzudrängen.
Dies gelang auch im Verlauf der weiteren Jahrhunderte nicht. Als Hüter
der Rechte treten immer mehr die Grafen von Jülich auf, die sich
mittlerweile die Vogtei von Aachen sichern konnten. Die ständigen
Auseinandersetzungen führen 1681 sogar soweit, daß die Quartiere
over Worm daran dachten, sich aus dem Aachener Reich zu lösen und
Untertanen Jülichs zu werden. Im Jahr 1336 erkannte Kaiser Ludwig
der Bayer die Rechte der Stadt Aachen im Aachener Reich an. Anlaß
waren Streitereien, in denen wohl auch die Grafen von Jülich –
die Rivalen der Stadt Aachen - verwickelt waren. Der Kaiser erneuert
die Privilegien und bestimmt, daß keine Herzog oder geringere
Adlige die Bürger Aachens oder deren Mitbürger, die in den
innerhalb der Bannmeile der Stadt gelegenen Dörfern wohnen, belästigen
möge. Auch später galten die Bewohner der Reichsdörfer als den
Aachener Bürgern grundsätzlich gleichgestellt.
Die Entstehung der Bürgermeistereien Würselen,
Weiden, Broich und Bardenberg hängt mit einem weltgeschichtlich
bedeutsamen Ereignis zusammen, der Französischen Revolution. Am 16.
Dezember 1792 wurde Aachen und Umgebung von den Revolutionstruppen
besetzt. Nach einem zwischenzeitlichen Rückschlag fand die zweite
Besetzung im September 1794 statt und dauerte bis 1814. 1798 bildete
man Departement nach französischen Vorbild, Aachen wurde Hauptort
des Roer-Departements. 1800 wurde statt der bisherigen vier Bezirke
Würselen (seit 1798 mit Drisch, Haal und Oppen, die vorher zum
Quartier Weiden gehörten), Scherberg, Schweilbach und Morsbach die
Mairie (Bürgermeisterei) de Wurselen gebildet. 1815 wurde Würselen
als Teil der Rheinprovinz Preußen zugeschlagen, ab 1816 gehörte es
zum Regierungsbezirk Aachen, Kreis Aachen-Land.
Zur Bürgermeisterei Würselen gehörten
die Dörfer: Bissen, Elgenrath, Grevenberg, Hahl, Morsbach, Oppen,
Scherberg, Schweilbach und Würselen; die Bauernschaften Dobach (zum
Teil), Drisch, Neuhaus und Prick; die Landgüter Ancker, Hochbrück
und Teut; der Hof Mauenheide (Kaisersruh) sowie die Mahl- und Ölmühle
Adamsmühl, die Schlag-, Mahl- und Schleifmühle Pomp und die Walkmühl,
Rauh- und Scheermaschine Wolfsfurth.
Von 1851 bis 1903 wurden die Bürgermeistereien
Würselen und Haaren in Personalunion verwaltet. Der Sitz der
Verwaltung war Haaren als Wohnsitz des Bürgermeisters Franz
Quadflieg bzw. Philippy. 1904 bekommen alle der zur Landgemeinde Würselen
gehörenden Dörfer und Weiler die einheitliche Ortsbezeichnung Würselen.
Die Bürgermeisterei Bardenberg setzte
sich um 1800 aus den zwei Dörfern Bardenberg und Niederbardenberg,
den sieben Bauernschaften Forstum, Pley, Wefelen, Reifeld,
Duffesheide, Esel und Birk (zum Teil), den frei Landgütern Kuckum,
Reifelderhof und Steinhaus sowie einem Domänenhof Ottenfeld
zusammen.
Die Bürgermeisterei Broich bestand aus
den fünf Dörfern Euchen, Linden, Neusen, Ofden und Vorweiden, den
drei Höfen Broich, Kellersberg und Schleibach sowie den drei Mühlen
Broichermühle, Kellersberger Mühle und Krandendahl.
Die Bürgermeisterei Weiden bestand aus den drei Dörfern
Weiden, Feld, und St. Jobs, der Bauernschaft Dobach (zum Teil), dem
Weiler Dommerswinkel, den drei Landgütern Thürgen, Wambach und
Wersch sowie den Haus Kelmeshäusgen. Der größte Teil von Broich
und Weiden werden 1935 zur Gemeinde Broichweiden vereinigt.
Die kommunale Neugliederung 1972 brachte
mit Würselen, Broichweiden und Bardenberg wieder Orte zusammen, die
auf eine lange trotz vieler Rivalitäten gemeinsame Geschichte zurückblicken
konnten. |
Staatszugehörigkeit
meines Heimatgebietes Würselen
Zeitraum |
"Oberstes"
Staatsgebilde |
Regierungsform |
"Untereinheiten"
|
ab 1949 |
Bundesrepublik
Deutschland
|
|
|
|
ab 1955 |
Republik |
Nordrhein-Westfalen |
|
1949-1955 |
Alliierte Besatzung/ Republik |
Nordrhein-Westfalen |
1871-1949 |
Deutsches Reich |
|
|
|
1945-1949 |
Alliierte
Besatzung
1946-1949
1945-1946 |
Nordrhein-Westfalen
Britische Zone |
|
1933-1945 |
Diktatur 1934-1945 1933-1934 |
----
Preußen,
Rheinprovinz |
|
1918-1933 |
Republik |
Preußen,
Rheinprovinz |
|
1871-1918 |
Kaiserreich |
Preußen,
Rheinprovinz |
1866-1871 |
Norddeutscher
Bund |
Staatenbund |
Preußen,
Rheinprovinz |
1815-1866 |
Deutscher Bund |
Staatenbund
1822-1866
1815-1822/30 |
Preußen,
Rheinprovinz
Preußen, Nördliche
Rheinprovinz (Jülich-Kleve-Berg) |
1801-1815 |
Frankreich |
|
|
|
1804-1815 |
Kaiserreich |
Departement Roer |
|
1801-1804 |
Republik |
Departement Roer |
1648-1801 |
Heiliges Römisches
Reich |
|
|
|
1798-1801 |
Französische
Besatzung |
Departement Roer |
|
1648-1798 |
Kaiserreich |
Reichsstadt
Aachen
Herzogtum Jülich
Habsburgische
Lande |
|
Zur Geschichte
von Damerau und Prositten
Mein Großvater Bernhard Grunert war vor dem
ersten Weltkrieg als
Schmied im Ort Damerau tätig. Die folgenden Beschreibungen sind alle
weitgehend dem Buch von Aloys Sommerfeld „Das Dorf Damerau bei
Bischofstein“ entnommen.
Die Lage
Südlich von Bischofstein im Kreis Rößel, gut
vier Kilometer Luftlinie entfernt, liegt hinter einem Ausläufer
eines Waldes in einer Niederung, die sich von Klackendorf kommend
durch die Gemarkung zieht, das Dorf Damerau.
(Karte Ostpreußen). Hügel und Senken
bilden das abwechslungsreiche Mosaik der Landschaft, unverkennbar
ein Moränengebiet, wie es in der Eiszeit entstanden ist.
Damerau bezeichnet einen dünnbestandenen Eichenwald und wird
im 14. Jahrhundert zum ersten Mal urkundlich erwähnt.
Die ursprüngliche Dorfanlage
Lebten die alten Preußen zumeist in
Streusiedlungen und auf Einzelhöfen, die sich bei einem der
zahlreichen Gewässer befanden, so legten die Deutschen Städte und
Dörfer an, die letzteren vielfach als Angerdörfer. Am Eingang des
Orts gabelte sich der Zugang in zwei Wege, die sich längs des Dorfes
hinzogen und an dessen Ausgang wieder vereinigten Dadurch schlossen
sie eine lange Fläche ein, den Dorfanger. An den Außenseiten der
Wege lagen die Bauernhöfe, jeweils von einem Zaun umgeben, dessen
dem Dorf abgewandte Seite aus hohen, dicken Planken bestand. Der
Ein- und Ausgang des Dorfes war durch Holztore gesichert, die zur
Nachtzeit geschlossen wurden. Dadurch war das Gemeinwesen
eingefriedet und vor Raubgetier, das noch zahlreich in den Wäldern
hauste, und zum Teil auch vor Raubgesindel gesichert.
Auf dem Anger befanden sich die Kirche, die
Schmiede, die Dorfeiche als symbolischer Mittelpunkt des Ortes, der
Dorfteich, aus dem die Bewohner das Wasser holten und das Vieh vor
Austrieb auf die Weide und bei seine Rückkehr getränkt wurde. Bald
aber wurden auf dem Anger auch die überzähligen Bauernsöhne
angesiedelt, die den väterlichen Hof dem Erben hatten räumen müssen.
Dort bekamen sie ein Stückchen Land zum Bau eines Hauses und zur
Anlage eines Gärtchens für den täglichen Bedarf zugewiesen. Später
wurden auf dem Anger auch das Spritzenhaus, das Armenhaus und
schließlich die Schule gebaut.
Die Form des Angerdorfes blieb in Ostpreußen
bis zur Separation, der Aussiedlung der Bauern auf die Gemarkung um
die Mitte des 19. Jahrhunderts, erhalten. Obwohl sich die alte
Dorfform danach durch freie Anlage vor Bauten veränderte, kann man
die einstigen Angerdörfer noch heute vielfach erkennen. Auch Damerau
scheint zumindest in der Art eines Angerdorfes angelegt worden zu
sein. Zwei Wege, die gepflasterte Hauptstraße und ein seitwärts
verlaufender Sandweg, ziehen durch das Dorf, vereinen sich am Ein
und Ausgang desselben und schließen den Anger ein, auf dem noch
heute die Schmiede, die Schule und das Kapellchen stehen und der
Dorfteich erhalten ist.
Die Bevölkerung von Damerau
Das Ermland hat in den ersten Jahrhunderten
seines Bestehens wiederholt erhebliche Ausfälle in seiner
Bevölkerung zu beklagen gehabt. Die mehrmaligen Einfälle der
Litauer, die verheerenden Kriege des 15. Jahrhunderts und furchtbare
Epidemien dezimierten seine Bevölkerung. Wie oft Damerau im Laufe
seiner Geschichte seine Bewohner gewechselt oder erheblich ergänzt
hat, ist schwerlich zu sagen, da es an den notwendigen Unterlagen
mangelt. Von den preußischen Erstbewohnern des Dorfes dürften die
meisten wohl das Opfer des ersten Litauereinfalls geworden sein. Der
Rest ging dann im Deutschtum auf, denn es weisen die späteren
Einwohnerverzeichnisse kaum noch altpreußische Namen auf. Die letzte
deutsche Bevölkerung von Damerau scheint niederdeutscher Herkunft
gewesen zu sein, denn es wurde dort käslauisch, ein niederdeutscher
Dialekt, gesprochen. Als frühester Bewohner von Damerau ist der
Preuße Walgioth bekannt. 1427 wohnt dort der Schulze Marcus Bast,
der wohl deutscher Herkunft war. Aus dem Jahre 1533 kennen wir den
Schulzen Benedictus Brock. 1831 wird im Grundbesitz als sog.
Kleinkätner Anton Grunert mit 42 Ruten Besitz erwähnt – vielleicht
der Großvater von Bernhard Grunert, der um 1890 in Damerau als Sohn
eines Anton Grunert geboren sein soll. 1846 ist der Besitz schon auf
3 Morgen, 172 Ruten angewachsen.
1871 zählte Damerau
256 Einwohner. Nach der Betriebszählung von 1939 hatte die Gemeinde
603, 6 ha und eine Bevölkerung von 213 Seelen. 144 Einwohner lebten
von der Land- und Forstwirtschaft, 42 vom Handwerk, 1 vom Handel und
4 vom Beamtenstand. Die übrigen 22 Einwohner waren Rentner oder
Sozialhilfeempfänger. Es bestanden 67 selbständige Betriebe, in
denen außer 51 mithelfenden Familienmitgliedern 70 Personen gegen
Entlöhnung arbeiteten. Etwa zwei Drittel der Bevölkerung gehörte zum
eigenen Betrieb, ein Drittel zur Gruppe der Lohnempfänger.
Die Schmiede, ein kleines Gebäude, stand
inmitten des Dorfes. Sie war Eigentum der Gemeinde und wurde jeweils
an einen Schmied vergeben. Er brauchte keine Pacht zu zahlen, mußte
dafür aber zu einem festgesetzten verbilligten Preis für die
Gemeindemitglieder arbeiten.
Am l. August 1914 brach der Krieg zwischen
Deutschland und Rußland aus. Bernhard Grunert verlor in diesem Krieg
ein Bein. Dies zwang ihn und seine Frau Anna Brock (Bild) in den
30igern seinen Beruf als Schmid aufzugeben und seine Familie mit bis
dahin vier Kindern als Landwirt durchzubringen.
Prossitten
Er zog in das nahe gelegene Dorf Prossitten um.
(Karte Hausgrundstücke, links
unter Nr. 1 war das Grundstück der Grunerts). Insgesamt sollte
die Familie neun Kinder umfassen.
Geschichte des
Dorfes
In der von Prußen bewohnten Gegend
wird das Dorf am 31. Oktober 1354 zum erstenmal erwähnt.
Die von Bischof Hermann von Prag unterzeichnete Gründungshandfeste
ging verloren, wurde jedoch am 2. März 1529 durch Bischof Mauritius
Ferber erneuert, dem Ortsschulzen Friedeland wurden 52 Hufen
übergeben.
1520/21 wird das Dorf durch den Reiterkrieg verwüstet.
1772 besteht es (wie 1688) aus 23 Zinshufen, Schulzengrundstück von
3 Freihufen und 1 Zinshufe, 3 Freihufen für den Krugwirt, 4
Pfarrfreihufen und 2 1/2 Hufen für 3 Gärtner (Kleinbauern). Durch
den Separationsrezeß wird das Dorf unter 50 Bauern und 17
Kleinbauern aufgeteilt; bis auf 3 Bauern ziehen die übrigen 47
Bauern auf den,Abbau.
1922 Gründung der Schwesternstation mit 2 Katharinenschwestern
(Angaben nach A. Komatzki).
Auszug aus dem
Einwohnerbuch des Kreises Rößel 1939 |
Prossitten
Bürgermeister : Franz Mige, Prossitten
Amtsvorsteher : Franz Migge, Prossitten
Standesamt : Prossitten
Einwohnerzahl : 589 |
|
Haushaltungsvorstände : |
|
Arendt, Erich Kontrollassistent
Bader,
Aloysius, Bauer
Bangel,
Karl, Deputant
Bähr,
Josef, Schmiedemeister
Bergmann, Klemens, Maler
Bergmann, Franz, Invalide
Biermanski, Paul, Postschaffner
Bischof, Josef, Schneider
Böhm,
August, Rentier
Böhnert, Bauer
Both,
Anna, Schneiderin
Brock,
Josef, Landwirt
Brock,
August, Arbeiter
Brock,
Martha, Arbeiterin
Czinzoll, Anton, Bauer
Danielzig, Erich Gendarmerie-Hauptwachtmeister
Dedner,
Aloysius, Landwirt
Dittrich, Anton, Bauer
Dowe,
Paul, Ziegler
Durchgraf, Josef, Deputant
Elders,
Emma, Lehrerin
Engling, Anton, Bauer
Engling, Valentin, Schneider
Engling, Anton, Eigenkätner
Engling, Josef, Arbeiter
Erdmann, Josef, Altsitzer
Fugh,
Hubert, Gastwirt
Gerigk,
Otto, Tischler
GiIImann, Robert, Landwirt
Gillmann, Otto, Landwirt
Goerigk, August, Jungbauer
Goerigk, Anna, Beuerin
Graw,
Aloysius, Bauer
Groß,
Herbert, Fleischbeschauer
Grunert, Franz, Rentenempfänger
Grunert, Franz, Arbeiter
Grunert, Bernhard, Landwirt
Gurreck, Valentin
Haßelberg, Franz, Bauer
Haßelberg, Lucia, Lehrerin i. R.
Heinrich, Josef, Maurer
Hermann, Karl
Hoenig, August
Hohensohn, Georg, Arbeiter
Holzki,
Andreas, Landwirt
Huhmann, Dominikus, Landwirt
Kastelan, Franz
Kastelan, Josef, Schneidergeselle
Kaßnitz, Rosa, Bäuerin
Kaßnitz, Otto, Jungbauer
Kiewert, Aloysius, Lehrer
Klafki,
Johann, Eigenkätner
Klein,
Andreas
Koll,
Albert, Wirtschafter
Kranich, Johann, Bauer
Krause, Hubert, Bauer
Krause, Franz, Landwirt
Krause, Valentin, Landarbeiter
Kroll,
Leo, Landwirt
Kucklick, Anton, Rentenempfänger
Lingnau, Theodora, Krankenschwester |
Lingnau, August, Bauer
Löpki,
Hermann, Bauer
Lörch,
Franz, Deputant
Migge,
Franz, Bauer
Mischkowski, Robert, Arbeiter
Müller, Josef, Tischlergeselle
Neubauer, Josef, Arbeiter
Neumann, Klemens, Landwirt
Neuwald, August, Bauer
Neuwald, Frenz, Landwirt
Nitsch,
Anton, Hirt
Nitsch,
Adalbert, Bauer
Nitsch,
Leopold, Bauer
Pifka,
Andreas, Bauer
Pohl,
Willy, Postbote
Pohlmann, Richard, Schmiedegeselle
Prothmann, Adalbert, Pfarrer
Radig,
Josef
Rehaag,
Andreas, Landwirt
Rehaag,
Franz, Bauer
Rehaag,
Otto, Rentier
Reimann, Johann, Maurer
Reiß,
Franz, Bauer
Rex,
Franz, Arbeiter
Rippert, Josef, TischIer
Ruhnau, Leo, Bauer
Sakowski, Andreas, Straßenwärter
Samland, Gottlinde, Krankenschwester
Schiweck, Paul, Kaufmann
Schröter, Adalbert, Landwirt
Schröter, Klemens, Landwirt
Schulzki, Franz, Deputant
Schwark, Anton, Bauer
Schwark, Eduard, Schmiedemeister
Schwark, Josef, Altsitzer
Schwark, Viktor, Schuhmacher
Schwarz, Paul, Kaufmann
Skottki, Josef, Landwirt
Socha,
Karl, Landwirt
Sommerfeld, Maria, Schneiderin
Sommerfeld, August, Bauer
Spannenkrebs, Anton, Arbeiter
Stachowski, Michael
Stachs,
August, Maurer
Stachst Franz, Landwirt
Strehl,
August, Landwirt
Thiel,
Franz, Landwirt
Wagner, Paul, Tischler
Wedig,
Bernhard, Kraftfahrer
Wein,
Paul, Deputant
Weiß,
Josef, Arbeiter
Wichmann, Alois, Maurer
Wichmann, Johann, Arbeiter
Witt,
Paul, Rendant
Witt,
Aloysius, Jungbauer
Witt,
Anna, Bäuerin
Woywod,
Josef, Jungbauer
Woywod,
Josef, Bauer
Woywod,
Anton, Schneider
Wolff,
Andreas, Bauer
Wunderlich, Arbeiter
Zimmermann, Franz, Landwirt |
1945 wurde die Familie wie so viele andere von
den Sowjets und der polnischen Bevölkerung vertrieben. Anschaulich
erzählt wird dies in den Beschreibungen meines Onkels Bruno Grunert
„Überleben, Erinnerungen eines Ostpreußen 1944-1948“. Während es meine Mutter und meinen Onkel Alfons in die
spätere Bundesrepublik Deutschland verschlug, fanden die anderen in
der späteren „DDR“ von Rostock bis Leipzig eine neue Heimat. Mein
Großvater verstarb 1972 in Leipzig, meine Großmutter bereits 1946 in
Rostock an den Entbehrungen der Flucht.
|
nach
oben |
|