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1.) Stern online vom 28.
September 2005
Forscher vermuten, dass sich die
Tuberkulose mit Dschingis Khan und seinen Reitertruppen in Eurasien
ausbreitete. Dies verriet ihnen ein kleiner "Informant".
Ein internationales Forscherteam vermutet nach einer Untersuchung der
genetischen Fingerabdrücke von 300 Bakterienstämmen des Mycobacterium
tuberculosis, das für die Infektion mit Tuberkulose verantwortlich ist.
Das Forscherteam um Igor Mokrousov stellt seine Ergebnisse im Fachmagazin
"Genome Research" vor (Online-Vorabveröffentlichung, Bd. 15, S. 1357).
Mehr Männer als Frauen betroffen
Zwei Eigenschaften von M. tuberculosis fielen den Wissenschaftlern als
bemerkenswert auf. Zum einen löst die Infektion mit dem Tuberkelbakterium
nicht immer eine Tuberkulose aus: Das raffinierte Bakterium kann sich auch
im Wirt aufhalten, ohne Symptome auszulösen. Daraus schließen die
Forscher, dass es in vorindustrieller Zeit ein fester Bestandteil des
menschlichen Zusammenlebens war und vor allem innerhalb des
Familienverbands übertragen wurde, wo der körperliche Kontakt am stärksten
ausgeprägt war. Zum anderen hat das Bakterium eine Vorliebe für männliche
Opfer: Es befällt im Schnitt 70 Prozent mehr Männer als Frauen.
Die Forscher zählten eins und eins zusammen und entwickelten die These,
dass die Ausbreitung des Tuberkelbakteriums eng an die Vermehrung und
Ausbreitung des Menschen gekoppelt sei. Um diese These zu testen,
verglichen sie die genetischen Profile gewöhnlicher Stämme von M.
tuberculosis mit den Mustern der Wanderungsbewegungen des Menschen und den
weltweiten Variationen des männlich vererbten Y-Chromosoms. Sie fanden
heraus, dass die Ausbreitung und Evolution des Tuberkelbakteriums
tatsächlich die Ausbreitung des Menschen über die letzten 60.000 bis
100.000 Jahre reflektiert.
Auf dem
Seeweg gelangte er nach Afrika
Der untersuchte Stamm des Tuberkelbakteriums war vor 30.000 bis 40.000
Jahren in Zentralasien entstanden und breitete sich von dort zunächst nach
Sibirien und später nach Ostasien aus, erklären die Forscher. Erst vor
einigen hundert Jahren, vermutlich zu Beginn des 13. Jahrhunderts mit
Dschingis Khan und seinen Truppen, sei der Erreger nach Eurasien gelangt.
In Südafrika landete er dann in den vergangenen 300 Jahren auf dem Seeweg,
vermuten die Wissenschaftler.
2.)
Stern online vom 26. Oktober 2005
Adel verpflichtet, auch in
China. Forscher vermuten, dass sich rund 1,5 Millionen Menschen in
Nordchina und der Mongolei auf einen einzigen Vorfahren berufen können.
Allerdings war er nicht annähernd so erfolgreich wie Dschingis Khan.
Auf einen einzigen Vorfahren können sich 1,5 Millionen Menschen in
Nordchina und der Mongolei berufen. Der Urahn soll vor zirka 250 bis 900
Jahren gelebt haben, ergaben genetische Untersuchungen an über 1000
Männern. Das hat ein internationales Forscherteam um Chris Tyler-Smith vom
Wellcome-Trust-Sanger-Institut in Hinxton (GB) herausgefunden. Aus
geschichtlichen Aufzeichnungen schließen die Wissenschaftler, dass es sich
bei dem gemeinsamen Vorfahren um Giocangga handeln könnte, den Großvater
des Begründers der Qing-Dynastie. Das berichtet der Online-Dienst des
Fachmagazins "Nature".
Dschingis Khan hat 16 Millionen
Nachfahren
Bereits vor einiger Zeit fanden Wissenschaftler in einer ähnlichen Studie
heraus, dass sich 16 Millionen heute lebende Menschen auf Dschingis Khan
als Urahn berufen könnten. In beiden Studien untersuchten die Forscher das
männliche Y-Chromosom, das sich im Vergleich zum X-Chromosom mit der Zeit
nur wenig verändert. Das Y-Chromosom ist ein Geschlechtschromosom, das nur
bei Männern zu finden ist. Es hat nur ein Drittel der Größe des
X-Chromosoms und kann lediglich auf fünf Prozent seiner Länge mit dem
X-Chromosom kommunizieren. Aufgrund der mangelnden Kommunikationsfähigkeit
verändert es sich über die Zeit nur gering, während X-Chromosomen eifrig
genetische Informationen austauschen. Das Y-Chromosom wird also fast
unverändert von Vater zum Sohn weitergegeben und ist deshalb das ideale
Chromosom, um Verwandtschaftsgrade zu bestimmen.
Die Forscher fanden bei 3,3 Prozent der untersuchten Männer große
Übereinstimmungen in den DNA-Sequenzen des Y-Chromosoms, was auf einen
gemeinsamen Vorfahren vor grob 600 Jahren hinweist. Dabei könnte es sich
um Giocangga handeln, dessen Enkel die Eroberung von China durch die
Mandschu vorantrieb und 1644 die Qing-Dynastie gründete, vermuten die
Wissenschaftler. Eine große Klasse von Adligen, abstammend von Giocangga,
regierte das Land bis 1912 und genoss ein luxuriöses Leben mit Konkubinen
und zahlreichen Ehefrauen. Die Forscher gehen davon aus, dass es ihnen
unter diesen Umständen gelungen sein sollte, ihr Erbgut weit zu
verbreiten.
Chinesische
Adelige wollen sich nicht outen
Um die Vermutung zu erhärten, dass es sich bei dem gemeinsamen Urahn
tatsächlich um Giocangga handelt, müssten die Wissenschaftler heute
bekannte Nachfahren des Ahnen untersuchen. Die Adelsschicht zählte im
Jahre 1912 an die 80.000 Mitglieder und viele Chinesen können sich auch
heute noch auf ihre adligen Vorfahren berufen. Doch seit der
Kulturrevolution in China verstecken die Menschen ihre adlige Abstammung
und selbst Männer, die sich auf eine direkte Abstammung von Giocangga
berufen können, wollen den Angaben nach ihre DNA nicht testen lassen.
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